Czernin

Christoph Braendle

Onans Kirchen

Simbabwe - Namibia – Bayreuth: Stationen für den Mythos um Parsifal und den Heiligen Gral; Zonen der Ekstasen und des Wahns; Chiffren für Selbstüberhöhung und für Seelenverlust; Kultstätten des männlichen Schöpfungswahns und des verzweifelten Kämpfens um eine unerfüllbare Liebe.

In Christoph Braendles neuem Buch träumt P. von einem Neuanfang in der afrikanischen Wildnis und der Liebe seines Lebens. Dabei lernt er eine Gegend kennen, die sich seinem Werben störrisch widersetzt, und er gerät ins Netz einer geheimnisvollen (w/32), von der er nur erfährt, dass sie Opern liebt, jene von Richard Wagner vor allem, und auf der Suche nach einem Mäzen ist, um in Wien Philosophie zu studieren… „Onans Kirchen“, das sind: zwei Tagebücher und ein Brief, geschrieben von einem, dem in Afrika die Wirklichkeit entgleitet; eine rauschhafte Reportage über liebgewordene Klischees und wahnhafte Männerfantasien; ein gewaltiges und gewalttätiges Stück Literatur voller intimer Momente und Grenzüberschreitungen, die von der Fremde in uns allen erzählen, und ein ziemlich anderes Afrikabuch.

 

Leseprobe:

Während das tote, leere Tier an einem Ast hing, brieten wir Nieren, Leber und Herz. Dazu die allerletzte Flasche Wein. Und Musik, die klang und weiterklang, bis – Sie ahnen es: Wagners Atem ist viel länger als die Kraft einer kleinen Batterie –, bis das Radio seinen Geist aufgab, noch bevor Klingsor seine Lanze gegen den Helden schwingt ... Nein, ich weine nicht mehr. Ich frage mich nur, ob dieses Band, das ich ahne und spüre, nein: das mir Gewissheit ist!, ob es so stark sein könnte, dass Sie jetzt in Wien in Ihrem Studierzimmer sitzen oder in Ihrer Küche; an einem Lammkotelett- chen knabbernd und auch dem Parsifal lauschend, den Sie bestimmt mehrfach in Ihrer Sammlung haben; und dabei an mich denken, dem das Fett übers Kinn rinnt und der inzwischen oft und oft an Sie denken muss – und den Sie vielleicht ebenso gut zu kennen glauben wie er Sie, obwohl Sie nur die Anschrift eines Postfachs haben ...

Stimmen:

...es ist eine Seltenheit, einen Autor erleben zu dürfen, der das Schreiben, das Erzählen, zu seinem ursprünglichen, nämlich seinem Selbstzweck zurückgeführt hat.
(Lesung, Buchhandlung Thalia, zum Video der Lesung)