Czernin

Peter Pilz

Die Republik der Kavaliere

Sechs Jahre nach der schwarz-blauen Wende zieht Peter Pilz Bilanz: über das Ende der politischen Nachkriegszeit, über rotschwarze Altlasten und blauschwarze Neulasten, über die Verhaiderung des Rechtsstaates und die Vergrasserung der Politik und über die Kavaliere, die unter Wolfgang Schüssels Führung das Land verändert haben: „ Österreich ist heute das Land, in dem der Bodensatz oben schwimmt.“

Es ist eine Geschichte sowohl über die Hintergründe und über die Umstände, die es überhaupt zugelassen haben, dass sich 2000 die österreichische Politik zu schwarz/blau gewendet hat, als auch über die gewagten Unternehmungen der Regierung während ihrer auslaufenden Amtsperiode. Der Kauf der Eurofighter, die Homepageaffäre des Finanzministers, die unerschöpfliche Versiertheit der Politiker und weitere Fauxpas und Usancen, die den politischen Alltag in Österreich diktierten, sind die Themen des Buchs. Dabei scheut Pilz nicht vor einem direkten Angriff auf die Regierungsmitglieder zurück. Pilz erzählt auf bekannt sarkastische, kritische und schonungslose Art und Weise, was er über das politische Treiben Österreichs denkt, kritisiert aber auch die eigenen Reihen für ihre Unfähigkeit eine brauchbare Alternative zu gestalten.

 

Leseprobe:

„Eine Zusammenarbeit mit Haider ist deswegen unmöglich, weil für mich Lebensfragen Vorrang haben vor Parteiinteressen. Eine FPÖ, die die EU ablehnt, die Integration bekämpft und in der Ausländerfrage mit den Gefühlen der Menschen spielt, lehne ich ab. Somit scheidet die FPÖ als Partner aus.“ Als Wolfgang Schüssel das im Februar 1999 erklärte, war eines noch anders: Er brauchte die FPÖ noch nicht.
Im Frühjahr 2000 bekam das Gedächtnis kurze Beine, und so machte sich Wolfgang Schüssel mit Hilfe von Jörg Haider zum Kanzler. Selten sind Wähler so getäuscht worden wie in der Vorbereitung des Regierungswechsels. Die Wende ist das Werk eines Wendehalses.
Mit der „Wende“ wurde das österreichische Nachkriegssystem beendet. Sofort begann unter denen, die die neue Mehrheit ablehnten, der Streit, ob es sich um eine Katastrophe oder um eine notwendige und heilsame Schocktherapie handle. Sechs Jahre später ist vieles klar. Die Regierung der österreichischen Rechtsparteien hat wenig modernisiert und viel beschädigt. Armut und Arbeitslosigkeit sind gewachsen, Bildung und Kultur haben verloren. Von den Immobilien des Bundes bis zu Schlüsselunternehmen der ÖIAG ist die Republik leichtfertig um ihr Eigentum gebracht worden. Die Chance, erstmals ohne die Zwangsjacke des Proporzes regieren und reformieren zu können, wurde verspielt.