Czernin

Maria Czedik-Eysenberg

Das Erbe

Durch den Tod ihrer Mutter ändert sich Lauras Welt. Alte Sicherheiten geraten ins Schwanken, ihr Leben erscheint in einem neuen Licht

Eine fest gefügte Welt. Laura, die Wienerin, lebt in Mailand, ihr Mann ist erfolgreicher Architekt, dass er sie betrügt, nimmt sie hin. Sie ist die stille Ehefrau, die gute Gastgeberin, die im Schatten ihres Mannes steht. In diese zur Gewohnheit gewordene Langeweile platzt der Tod ihrer Mutter. Auch diese hat in Lauras Augen ihren festen Platz gehabt. Sie war die ewig quengelnde, jammernde Mutter, die von ihrem italienischen Schwiegersohn unterstützt werden musste. Laura fährt nach Wien und muss feststellen, dass nichts mehr auf dem Platz ist, an dem sie es vermutet hat. Sie ist in eine ihr unbekannte Welt geworfen, der sie sich staunend und kopfschüttelnd stellen muss. Leicht sind die neuen Erkenntnisse nicht zu verkraften. Doch als Laura endlich glaubt, ihr Leben in der Hand, alles hinter sich gelassen zu haben, wird sie von der Vergangenheit eingeholt.

 

Leseprobe:

Tante Irma hatte von einem Schlaganfall gesprochen, und dass es sehr schnell gegangen sei. Mit dem Begräbnis werde sie selbstverständlich auf Laura warten. Sie musste etwas tun. Aber was? Das war Laura nicht klar. Sie konnte doch nicht nur auf dem Bett sitzen und das Telefon anstarren. Sie musste sich wohl um einen Flug kümmern, Geld beheben, einpacken. Und dann? Einfach die Tür hinter sich zuschlagen und Paolo einen Zettel hinterlassen mit: „Bin in Wien, Mama gestorben“? Sie hatte keine Ahnung, wo sie Paolo erreichen konnte. Er befand sich auf einer seiner geschäftlichen Reisen, von denen sie seit längerem wusste, dass sie nur zum Teil geschäftlichen Zwecken dienten. Seufzend nahm sie das Telefon zur Hand. Dieses gestylte Ding, das zwar keine Schnur, aber dafür eine Unzahl von Tasten besaß, deren Zweck sich Laura nun einmal nicht merken konnte.