Czernin

Patrik Ouředník

Das Jahr vierundzwanzig

Progymnasma 1965-89. Aus dem Tschechischen von Michael Stavaric

Patrik Ouredník beschreibt in seinem ungewöhnlichen Buch „Das Jahr vierundzwanzig“ die Jahre 1965 bis 1989 in der damaligen Tschechoslowakei als persönliche und unmissverständliche Erinnerung an ein Leben im realen Sozialismus. Das „Sich-Erinnern“ wird dabei zum maßgeblichen Faktor des „Verstehens“ einer ganzen Generation, deren Alltag von Frustration und Ohnmacht geprägt ist. Aus dem Tschechischen übersetzt von Michael Stavaric

Das totalitäre System und die daraus resultierenden Fatalitäten ersticken die Hoffnung auf ein eigenständiges Leben. Ouredník erinnert sich der Zeit des Prager Frühlings, der Normalisierungsära und der Sanften Revolution, an deren Ende die ersehnte Freiheit wartet. Er knüpft mit seiner Methodik an die literarischen Experimente zweier Autoren: Joe Brainard und Georges Perec. Einen wesentlichen Unterschied bildet allerdings die Tatsache, dass Ouredník „wichtigen“ Erinnerungen nicht ausweicht. Ganz im Gegenteil: Historische Ereignisse geben seinem Schaffen Struktur und Rahmen. Das „Erinnern“ verdeutlicht mit fortschreitender Lektüre nur eines: In einer totalitären Gesellschaft existiert kein privater Raum. Der Autor selbst unterteilt seine Erinnerungen in vierundzwanzig Lebensjahre, wobei die Einträge mit zunehmendem Alter schwinden: ganz so, als würde seine Erinnerung abnehmen. Womit auch der erklärte Feind der Erinnerung thematisiert wird: das Vergessen.