Czernin

Max Kübeck

Die blaue Brosche

Geheimnis einer Familie

Nationalsozialismus, Adel, Homosexualität: Das Erbe der Familie Kübeck ist voller Geheimnisse. Da die Vergangenheit immer Teil der Gegenwart ist, macht sich der Restaurator Max Kübeck auf die Suche nach seinen Wurzeln und erfährt, dass es oft mehr als eine Wahrheit gibt.

Was passiert, wenn in einer alten und angesehenen Adelsfamilie Tabubrüche begangen werden? Der Goldschmied und Juwelier Stefan Maria, Vater des Chronisten, landet in Gestapohaft – laut Überlieferung wegen einer jüdischen Großmutter, in Wirklichkeit wegen einer anonymen Anzeige aufgrund homosexueller Neigung. Zu den Verboten der Zeit kommen die Zwänge der adeligen Herkunft. Ein offizielles »Coming out« kann es erst Jahre später vom Nachkommen Max geben, mutig für sich, aber auch stellvertretend für das Verschwiegene.

Max Kübeck erzählt die Biografie seiner Familie und gleichzeitig von vom Schicksal aufgrund ihrer Homosexualität durch das NS-Regime Verfolgter. Die vergessenen Dokumente, die aus dem Dunkel der familiären Keller und Dachböden auftauchen, fügen sich zu einem gelungenen Gesamtbild einer Familienchronik, die geprägt ist von Verleumdung, Stillschweigen und der Methode des gezielten Vergessens.

 

Leseprobe:

Ich muss an meinen Vater denken und daran, dass Etho Benigni der Bruder seines Schwiegervaters war. Ob Stefan Maria vielleicht seine Entlassung aus der Strafkompanie dem Nazionkel von Claire zu verdanken hatte? Verdankte er ihm womöglich, dass er nach seiner Haftentlassung nicht ins KZ kam, nicht kastriert worden war? Hatte jemand für ihn interveniert? Hatte jemand die Macht gehabt, ihm das Leben zu schenken? Ihn zu begnadigen? Wusste anderseits unser Onkel Blutordensträger vom Schwiegersohn seines Bruders, was eigentlich niemand hätte wissen dürfen?
Wer weiß, ob wir ohne diesen Onkel ein glückliches Familienleben gehabt hätten! Oder war es das Verdienst unserer Mutter, weil sie den Vater nach seiner Gestapohaft geheiratet hatte? Gerettet? Verdankte Claire der Nazidiktatur, dass sie einen Ehemann hatte? Verdankten wir Kinder der Diktatur unser Leben?