Czernin

Christian Seiler

Das Landgasthaus

Das Edle Kochen

Das österreichische Landgasthaus feiert fröhliche Urständ: wunderbares, modernes Essen in wunderbarer, altmodischer Umgebung. Sie finden in diesem Buch ziemlich viel Freude am Kulinarischen.

Damit sind die Geschichten gemeint, die sich in den Stuben der wunderbaren Landgasthäuser ganz von allein entwickeln und keiner anderen Dramaturgie als der bloßen Lebensfreude folgen. Se finden allerdings auch ganz handfeste Informationen, die Ihnen diese Lebensfreude küchentauglich übersetzen. Es sind das in langen Wirtshausjahren bewährte Rezepte einer der besten Gasthausköchinnen Österreichs, Gerti Sodoma, die im landläufig bekannten Gasthaus „Zur Sonne“ in Tulln aufkocht. Besser bekannt ist das Gasthaus unter dem Namen seiner Besitzer: Der Sodoma. Ein Gasthaus, das die heimische Küche auf intelligente Weise schätzt und mit der Raffinesse der großen, weiten Welt weiterentwickelt. Beispiele dafür finden sich im Buch zur Genüge.

 

Leseprobe:

Die Einstiegsdroge Wie man den Sodoma kennenlernt? Besagter Horowitz und ich sind durch die niederösterreichische Nacht gefahren, wir hatten im Weinviertel zu tun. Im Weinviertel muß man alte Häuser anschaun, Mauerziegel herumtragen, säumige Tischler anfeuern, und wenn das am Ende eines langen Tages erledigt ist, hat man das verbriefte Recht auf eine warme Mahlzeit. Wir sind am Heldenberg vorbeigefahren, die Taverne von Schloß Großwetzdorf hatte längst geschlossen, wir sind den Wagram hochgeklettert und folgten ganz präzis dem Vorsatz, Gut Oberstockstall zu besuchen, der Horowitz sprach von Gänsen. Dort angekommen – das Haus war dunkel. Wir fuhren weiter, der Hunger schlug bereits in diese existentielle Sorte von Ängstlichkeit um, die Kleinkinder zum lauten Greinen motiviert. Der Wegweiser sagte Wien, sagte Tulln, sagte Riederberg. Der Horowitz fischte sein Körpertelefon aus dem Sakko und erinnerte sich an den Querverweis, den Österreichs Nummer-Eins-Koch Walter Eselböck in der bunten Beilage des Kurier plaziert hatte, sein Lieblingswirtshaus wohne in Tulln und heiße „Zur Sonne". Kein Problem für die Auskunft, der Herr Sodoma hob persönlich das Telefon ab, und als wir zwanzig Minuten später eintrafen, kriegten wir den Zweier-Tisch, gleich links vom Eingang. Wir nahmen ein kleines Bier, wir bekamen zum Kosten einen Grammelknödel von der Größe eines Tischtennisballs. Dann waren wir Stammgäste.